Arbeitstreffen von Patientinnenorganisationen in FFM

 

 

 

 

Kürzlichst konnte ich an einem Arbeitstreffen von Patientinnenorganisationen in FFM teilnehmen und verstehen lernen, wie uns das Krebsregister als onkologische Patientin unterstützt.

 

Referentin zu diesem Thema war Frau Professorin Dr. Monika Klinkhammer-Schalke vom Tumorzentrum Regensburg, die mich und die anderen Teilnehmerinnen (an der Stelle herzliche Grüße, ihr Lieben), sehr beeindruckt hat.

Frau Professorin Dr. Monika Klinkhammer-Schalke umfasste kurz die Geschichte des Krebsregisters, die bereits im Jahr 1926 in Hamburg ihren Ursprung hatte.

Am 09.04.2013, wurde das Krebsfüherkennungs- und registergesetz durch die Länder verabschiedet. Dennoch gibt es bis heute kein einheitliches System auf deutschlandweiter Ebene. Dabei sollen bereits im Jahr 2017, deutschlandweit klinische Krebsregister eingerichtet sein. Der Weg zu einem einheitlichen Krebsregister ist jedoch von bürokratischen Hürden gepflastert, die nicht immer nachvollziehbar sind. Da geht es um unterschiedliche Auffassungen von Datenschutz, Praxis-IT, ablehnend eingestellten Ärzten und vieles mehr. Der Aufbau und Unterhalt der Krebsregister wird von den Krankenkassen bezahlt und finanziell unterstützt durch die Deutsche Krebshilfe.

 

Was nutzt DIR persönlich das Krebsregister?

 

Ganz ehrlich? Ich war mir nicht klar darüber und bin davon ausgegangen: "Ok, da werde ich in einem Register mit dem Stempel einer Krebspatientin erfasst und bin einfach ein weiteres, anonymes, kleines Teilchen einer gesichtslosen Statistik und Punkt für mich!"

 

Dabei umfasst das Krebsregister so viel mehr

 

Das Krebsregister umspannt zwei Teile. Im epidemiologischen Krebsregister wird das Krebsgeschehen, also wie häufig bestimmte Tumorerkrankungen in einer Region auftreten, beobachtet. Durch eine entsprechende Forschung in diesen Bereichen, konnten entsprechende Massnahmen ergriffen werden um diesen entgegenzuwirken, wie zum Beispiel Kampagnen gegen das Rauchen udm.

 

Das Krebsregister begleitet einen onkologischen Patienten vom Tag der Diagnose, durch die gesamte Behandlung und im besten Fall auch bis in die Nachsorge und den weiteren Verlauf hinein oder gar bis zu seinem Tod. Wir als Patienten, bekommen dies direkt gar nicht mit.

 

Und doch fungiert das Krebsregister als eine Art Anwalt für uns Patienten aus dem Hintergrund. Sollte zum Beispiel bei der Datenpflege des Patienten XY auffallen, warum seine Therapie den evidenzbasierten Leitlinien NICHT entspricht, sucht das Krebsregister den direkten Kontakt zum behandelnden Arzt / Klinik / Tumorboard und interveniert. Auf diese Art konnten bereits Versäumnisse oder falsche Entscheidungen im Sinne des Patienten günstig entschieden werden. Oder es klärte sich, warum Patient XY außerhalb der Leitlinien behandelt wird.

 

Krebsregister ermöglichen

 

Ärzte erfahren durch das Krebsregister Entlastung in der Dokumentation ihrer Patienten und haben dadurch mehr Zeit für den Praxisalltag. Ein weiterer Vorteil für den behandelnden Arzt ist, dass er die Auswertungen des Krebsregisters als Kontrollwerkzeug betrachten kann für seine Patienten, ihnen tatsächlich die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen.

 

Sie bieten einen direkten Vergleich von Therapien und Therapeuten untereinander

 

Qualitätsmanagment von Praxen / Kliniken / Ärzten (schlechte Ergebnisse, zum Beispiel bei zu vielen Nachoperationen von Tumorerkrankungen, fallen im direkten Vergleich mit anderen teilnehmenden Kliniken auf und das Krebsregister fragt dann gezielt nach: "Warum ist das so?"

 

Diese Statistikauswertungen sind für ALLE teilnehmenden Kliniken einsehbar und ermöglichen ihnen einen direkten Vergleich. Diese Qualitätsprüfungen zwischen dem Krebsregister und den Kliniken, findet zwei Mal im Jahr statt und ermöglicht so rasche Verbesserungen. Und keine Angst: unsere Daten sind im Krebsregister extrem geschützt und komplett von den alltäglichen Arbeitsservern (ein It-ler schlägt jetzt bestimmt die Hände über dem Kopf zusammen über meine Erklärung, aber besser kann ich das nicht) getrennt.

 

Krebsregister ermöglichen uns Patienten eine Optimierung der Behandlung und Nachsorge

 

Wie viele von uns, sind mit der Frage nach ihrer Nachsorge überfordert, weil wir dann oft auf uns alleine gestellt sind? In diesem Bereich will das Krebsregister ebenfalls Nachbesserungen anstreben. Und es ist ihm ganz wichtig, dass unsere Beschwerden und Allgemeinempfinden nach unserer Haupttherapie ebenfalls weiterhin erfasst werden, um Verbesserungen für uns zu erzielen. Anhand von Fallbeispielen konnte das Krebsregister den teilnehmenden Ärzten und Kliniken zeigen: Patientin XY hat eine halbes Jahr nach der Behandlung diese und jene Beschwerden und empfiehlt dem behandelnden Arzt: "Wenn Sie Ihrer Patientin XY nun Lymphdrainage in Kombination mit Krankengymnastik und einem Kompressionsstrumpf empfehlen, wird sich ihr Zustand nach einem halben Jahr Erfahrungsgemäß wesentlich verbessern als gegenüber Patientin Z, die keine weitere Behandlung erfährt."

 

Das Krebsregister erhebt darüber hinaus anhand seiner Erfahrungen und Auswertungen Studien und schult Ärzte und onkologische Spitzenzentren. So stellt sich heute nach vielen Fallbeispielen die Frage, ob DCIS-Patientinnen (ausgenommen es ist sehr groß oder multifokal) nach ihrer Operation überhaupt eine Bestrahlung benötigen. Dieser Punkt wird derzeit neu bewertet.

 

Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt für das Krebsregister und ein persönliches Anliegen von Frau Professorin Dr. Klinkhammer-Schalke, ist die finanzielle (vor allem die oftmals schnelle Schulden-) Notsituation für uns onkologische Patienten, in die wir ja oft mit der Diagnose geraten. Hier ist bereits deutschlandweit ein Netzwerk entstanden, bei dem Ratsuchende eine entsprechende Beratung finden können.

 

Ebenso hat das Krebsregister erwirkt, dass für ambulante onkologische Patienten in Notsituationen, kurzfristig freie Stunden bei einem psychologischen Therapeuten (diese sind in einem entsprechenden Verbund zusammengeschlossen) zu bekommen sind.

 

Was können wir als Patienten nun tun?

 

Wir als Patienten können unsere behandelnden Ärzte gezielt darauf ansprechen, ob unsere Daten im Krebsregister erfasst sind. Wenn dies nicht der Fall sein sollte: Nachhaken warum das so ist und gegebenfalls unbequem werden! Es dient unserer eigenen Sicherheit, wenn unsere Daten umfassend erfasst werden und das Krebsregister baldmöglichst länderübergreifend, arbeiten kann.

 

In einem weiteren Arbeitsblock wurden wir als Patientinnen gefragt, wie wichtig  uns Betroffenen die Bedeutung eines PFS (PFS = progressionsfreies Überleben) ist und konnten unsere Sicht der Dinge erläutern. Über diesen Weg kamen wir zur Studie Perjeta bei einem positiven HER2-Faktor. Im Rahmen dieser Studie konnte beispielsweise aufgezeigt werden, dass Frauen mit einem positiven Befund bereits in einem frühen Stadium ihrer Erkrankung Perjeta in Kombination mit der klassischen Behandlung Herceptin und Chemotherapie erhielten, nahezu eine Verdopplung der Rate an Komplettremissionen erzielten und dies ihre Option auf ein  krankheitsfreies Überleben weit  erhöht.

Frauen mit einem HER2-Faktor kann man heute nach 5 Jahren ihrer Diagnose sogar als geheilt bezeichnen, anders als Frauen mit einem hormonpoitiven Brustkrebs ohne HER2-Faktor.

 

Und was ist uns als Patientin extrem wichtig? Ganz gleich, ob wir gerade mitten in der Therapie stecken oder bereits einige Jahre nach der Diagnose hinter uns gebracht haben? Genau: Ein möglichst langanhaltendes, KRANKHEITSFREIES ÜBERLEBEN zu erreichen!

 

Leider muss man dazu anbemerken, dass dem G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss der darüber entscheidet, welche Therapien / Medikamente in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden) in der Betrachtungsweise des PFS von uns onkologischen Patientinnen die Realität verloren gegangen ist, da sie von Studien erwarten, dass sie einen viel größeren Zeitraum umfassen sollen bis zum validierten Status (nachweisbare Wirksamkeit), die bei neuen Medikamenten in der Form von über 10 Jahren und darüber hinaus, noch gar nicht gegeben sein können.

Als Patientin stellt sich uns bei allem die Frage: Erleben wir die Zeit bis dahin überhaupt? Und je jünger wir sind oder in welchem Stadium der Erkrankung wir uns gerade befinden, stellt sich diese Frage für uns persönlich, unsere Kinder und Familien, umso dringender.

 

Und wir möchten für uns und all die Frauen die in kommender Zeit die Diagnose Brustkrebs erfahren, dass in 10 Jahren NEUE und NOCH wirksamere Medikamente auf den Markt gebracht werden, als das es sie schon heute gibt.  Die uns eine möglichst komplette Gesundung schenken. So ist es bis heute immer noch FAKT, dass wir oftmals besser wirksame Medikamenten/-kombinationen NICHT ermöglicht bekommen in der Therapie, weil sie als nicht ausreichend validiert gelten, TROTZ vielversprechender nationaler und internationaler Studien. Der patientenrelevante Nutzen wird vom G-BA, leider viel zu oft in Frage gestellt.

 

Was können wir tun?

 

Unbequem werden. Viel häufiger mit abgelehnten Behandlungsoptionen an die Öffentlichkeit gehen. So wie kürzlichst geschehen für Rosie, iniziiert von Nicole Staudinger und Myriam von M oder das Genexpressionstest endlich in der Brustkrebsdiagnostik zugelassen werden. Worum geht es bei Genexpressionstests? 2013 haben 40 Frauen rund um Rebecca L., ihre offenen Briefe an den damaligen Gesundheitsminister mit ihrem Protest eingereicht. Als diese von den entsprechenden Politikern und Gremien nicht beachtet wurden, reichte ich eine entsprechende Petition vor dem Deutschen Bundestag ein mit dem Ziel, dass diese in der Diagnostik endlich zugelassen werden, um bis zu 20.000 Frauen im Jahr eine unnötige Chemotherapie zu ersparen.


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