Silke

 

Mein Name ist Silke, Jahrgang 1962.

 

Im November 2012, erhielt ich die Diagnose Brustkrebs. Ein Schock!

Eben noch war scheinbar alles in Ordnung, die persönliche Welt heil und es gab Zukunftspläne. Innerhalb der Zeit eines Telefonats mit dem Radiologen, stellte sich für mich hingegen alles auf den Kopf. Gedanken wirbelten durcheinander, über das Leben, den Tod, meine Familie, Freunde, die Krankheit, die Behandlung, die Chancen, die Risiken, die Aussichten und noch vieles mehr.

 

Planen, taten jetzt andere für mich…

 

Es folgten viele Termine, weitere Untersuchungen, Arztgespräche, schließlich dann die Operation und Bestrahlungstherapie. Es gab einen vorgezeichneten, medizinischen Weg und diesem bin ich gefolgt - eine relativ passive Phase.

Nach der Operation sah ein Teil meines Körpers nun anders aus als gewohnt. Die Narben an der Brust und dort, wo der Wächterlymphknoten entfernt wurde, verheilten gut, die auf der Seele nicht so schnell. Irgendetwas fehlte. Es war nicht so sehr das Stück Brust, sondern eher der Schlusspunkt der Krankheit. Das Abschließen können mit dieser Phase meines Lebens, Frieden machen mit dem Krebs, wieder aktiv werden, das war mir wichtig.

Mein Mann brachte mich auf die Idee, mich an der veränderten Brust tätowieren zu lassen. Wenn schon Veränderung, dann eine, die ich selbst bestimmen konnte. Der Gedanke war befreiend für mich.

 

Da ich von Seiten der Ärzte zwar viele Informationen über Nachsorge, Reha, Brustwiederaufbau, Brustprothetik und auch über Maßnahmen, die dem seelischen Ausgleich dienen sollten, aber nichts über die Möglichkeit einer Tätowierung nach Brustkrebs/Mastektomie erhielt, begann ich im Internet danach zu forschen. Dabei stieß ich auf die non-profit-Organisation P.ink aus den USA. Sie hilft Frauen nach Brustkrebs, einen geeigneten Tätowierer zu finden, gibt Motivanregungen und veranstaltet einmal im Jahr einen P.ink-Day, an dem sich Tätowierer kostenlos in den Dienst der guten Sache stellen.

 

Die Wahl meines Tattoomotivs stand schnell fest. Ich wollte einen Krebs. Meinen ganz persönlichen Krebs...

Einerseits war ein Augenzwinkern dabei. Frei nach dem Motto: "Denn nur da, wo ein Krebs drauf ist, war auch Krebs drin!" Ein Krebs, ist kein schönes Tier... Genausowenig schön ist der Brustkrebs. Ich wollte keine Verniedlichung oder Ablenkung von einer tatsächlich sehr hässlichen Krankheit. Deshalb verdeckt mein tätowierter Krebs auch nur einen Teil der Narben. Nicht das Verstecken der Tatsachen war meine Absicht, sondern das Tattoo sollte eine Erinnerung sein an das, was ich überwunden habe. Ein symbolisches "Mit-dem-Fuß-Aufstampfen", ein "Ich-war-stärker-als-Du"!

Andererseits ist mein Tattoo-Krebs ein Platzhalter und ein Wächter. Da er jetzt dort vorhanden ist, braucht der Brustkrebs nicht mehr wiederzukommen, da sein Platz bereits besetzt ist.

 

Ende Mai 2013 setzte ich den Plan in die Tat um. Als ich nach der individuellen Anpassung meiner Motividee und nach 3 Stunden unter der Tätowiernadel mein Brustkrebs-Tattoo zum ersten Mal im Spiegel sah, war das ein unglaubliches Gefühl. Ich fühlte mich wieder eins mit mir!

Um auch anderen betroffenen Frauen etwas von diesem Gefühl weitergeben zu können, ihnen Mut zu machen, sie zu informieren und ihnen Anregungen für ein eigenes Tattoo zu geben, beschloss ich, eine Facebook-Seite zu diesem Thema zu erstellen. Die Resonanz darauf war so positiv, dass der nächste Schritt folgte.

 

Mein Plan war und ist, ein Netzwerk zwischen ehemaligen Brustkrebspatientinnen mit dem Wunsch nach einer Tätowierung und kompetenten Tätowierern, mit Erfahrung auf dem Gebiet der Narbentätowierung, ins Leben zu rufen. Das versuche ich mit meiner Homepage Brustkrebstattoos.de umzusetzen. Man findet dort vielfältige Fotobeispiele zu Mastektomietattoos, Brustwarzentattoos zur Rekonstruktion, Gedenktattoos und auch Tätowierungen zum Überdecken von Narben im Bauch oder Rückenbereich, die durch Eigengewebeentnahme für den Brustaufbau entstanden sind. Es gibt eine Liste von Tätowierern, die Erfahrung mit dieser speziellen Art von Tattoos haben. In den FAQs kann man zusätzlich Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um Brustkrebstattoos im Speziellen und Tätowierungen im allgemeinen finden.

 

Eine weitere Möglichkeit sich über Tattoomotive nach Brustkrebs zu informieren, biete ich auf meinem Instagram-Account brustkrebs_tattoos an.

 

Im Jahr 2016 findet auf meine Initiative hin, erstmals in Deutschland der Brustkrebstattoo-Tag, statt. Am 15. und 16. Oktober werden 5 Tätowierer, davon einer in Österreich, 5 Frauen kostenlos ihren Tattoowunsch erfüllen. Die Bewerbung für ein narbenüberdeckendes Brustkrebstattoo ist noch bis Ende Mai über info@brustkrebstattoos.de möglich. Wenn genug Interesse besteht, wird dieser Tag im Jahr 2017 erneut stattfinden.

 

Vieles hat sich seit meiner Erkrankung verändert. Rückblickend gesehen, hat mir der Krebs nicht nur Negatives gebracht. Er hat mir geholfen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Er hat mir gezeigt, auf welche Menschen ich mich in meinem Leben verlassen kann. Er hat dazu beigetragen, dass ich mehr auf mich selbst höre.

  • Was tut mir gut? Was kann ich tun, dass das so bleibt?
  • Wie kann ich anderen weiterhelfen?

Der Krebs hat mir die Chance gegeben etwas zu tun, dass ich ohne diese Krebserfahrung niemals getan hätte. Er war die Unterbrechung, die manchmal auf die eine oder andere Art nötig ist, um noch einmal über das eigene Leben nachzudenken, neu zu sortieren und dankbar zu sein.


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