Angelika

Recover your smile e.V.
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Mein Name ist Geli, noch 38 Jahre jung, Mutter von 3 wahnsinnig tollen Kindern (9, 13 und 14 Jahre alt) und stolze Besitzerin 2er Hunde - langweilig wirds mir so schnell also nicht. Und das ist auch gut so! Ich bin deswegen nämlich gar nicht dazu gekommen, den Kopf in den Sand zu stecken!

 

Meine Diagnose traf mich völlig unerwartet im Juli 2016. Wobei.?! Wer bitte rechnet denn schon mit so einer Meldung.?! Ich und Krebs, genauer gesagt Brustkrebs, hochaggressiv, superhohes Rückfallrisiko und GenMutant zu allem Überfluss (BRCA2). Im Hinterkopf das Schicksal meiner Mutter, die schon bald nach ihrer Brustkrebsdiagnose verstarb. Ich war damals gerade mal 3 Jahre alt.

 

Diese Diagnose zieht einen Therapiemarathon nach sich, den ich übrigens exakt im November 2017 mit meiner letzten von fünf Operationen, der prophylaktischen Entfernung meiner Eierstöcke, abgeschlossen habe. Ich wurde von eben auf jetzt in die Wechseljahre versetzt und habe mit Hitzewallungen und wenig bis gar keinem Schlaf zu kämpfen!!! Kenn ich bereits aus meinen Zoladexzeiten, denn bis zur Entnahme meiner Eierstöcke wurden diese per Bauchimplantat auch schon lahmgelegt. Ist nervig, mehr aber auch nicht! Und steht vor allem in keinem Verhältnis zu einer erneuten Krebsdiagnose, die in meinen Fall aufgrund der genetischen Disposition (BRCA2 bedeutet nicht nur erhöhtes Risiko für Brustkrebs, sondern eben auch für Eierstockkrebs und noch einige andere Krebsarten) leider gegeben ist.

 

SPORT HILFT IMMER (mir jedenfalls)

Zum Zeitpunkt meiner Diagnose, war ich auf dem Höhepunkt meiner körperlichen Fitness. Sport war und ist für mich unglaublich wichtig! Ich bin absolut überzeugt davon, dass der Sport zu einem Großteil dazu beigetragen hat, dass ich die Therapien, also Operationen, Chemo und Co., so gut weggesteckt habe. Ich bin z. B. zehn Tage nach meiner Ablatio wieder laufen gegangen. Alle haben den Kopf geschüttelt, mir war das egal, denn für mich hat es sich absolut richtig angefühlt.

 

Dann kam die Chemo. Und auch während dieser Zeit war ich fleißig am sporteln, überwiegend Ausdauer und ein bisschen Funktionaltraining, Inlinern und Radeln. Und mitgenommen hab ich auch, was geht: Ich hab auf keiner Party gefehlt, war Skifahren, hab diverse Städtetrips gemacht und auch ganz viel Zeit mit mir alleine verbracht!

Wenn ich dann zu hören bekam: "Mensch Geli, ruh dich doch aus! Nach der Chemo kannst du wieder Gas geben!", dachte ich nur: "Mir geht es aber auch jetzt so gut, dass ich alles machen kann und wer weiß, wie lange ich noch habe? Warum soll ich den Schongang einlegen? Mir geht's gut, ich lebe jetzt!"

An den Tagen, an denen eben nix ging, lag ich schön brav auf meiner Couch über dem Eimer und hab mich ausgeruht. Zu dieser Zeit hab ich überhaupt erst damit angefangen auf meinen Körper zu hören und nicht auf die gängige Empfehlung zum Verhalten bei Chemotherapie. Für mich war es so richtig! Und ich würde es genauso wieder machen. Ich will nicht im Nachhinein sagen: "Ach, hätte ich doch nur und warum hab ich nicht, usw…". Das war mal, vor dem Tag X!

 

REHA, NICHT NUR FÜR DEN KÖRPER

 

Danach gings dann auf Reha, die mir richtig gut getan hat. Auch das Wissen, dass mein Mann daheim den Laden schon schmeißt, sollte ich mal nicht mehr sein. Keine schönen Gedanken, gehören aber mit dazu und wollten von mir auch gedacht und gefühlt werden. Ich habe etwas gebraucht mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass ich dann doch irgendwie ersetzbar bin. Mittlerweile finde ich es tröstlich und immer noch äußerst erstaunlich, welche Prozesse man so mehr oder weniger freiwillig durchläuft, die im früheren Leben noch nicht mal den Hauch einer Rolle gespielt haben, also jedenfalls für mich. Ich war ja unkaputtbar und quasi unsterblich.

 

Unmittelbar nach der Reha bin ich bei einem Volkslauf über gut 8 km, meine persönliche Bestzeit gelaufen. Was hab ich mir früher vor diversen Läufen immer einen Kopf gemacht, dass ich nicht genügend trainiert habe und deswegen gar nicht so schnell laufen kann, weil mir die langen Ausdauerläufe fehlen und außerdem hab ich ein bisschen Halskratzen und geschlafen hab ich auch nur unzureichend und laberquark... Dieses Mal gings nur ums dabeisein und bäääähm - funktioniert bestens, wenn der Kopf mal Pause macht! Schneller als je zuvor...

 

UND WEITER STEP BY STEP

 

Im August 2017 folgte die Mastektomie der zweiten Brust, sowie der gleichzeitige beidseitige Brustaufbau aus Eigengewebe aus der Innenseite der Oberschenkel, der sog. TMG FLAP! Über einen halben Meter Narben am Körper, dafür aber das Zweiterkrankungsrisiko auf ein Minimum reduziert und straffe Oberschenkel! Auf einen BH kann ich ab sofort auch verzichten! Auch wenn sich das hier so flapsig anhört, eines könnt ihr mir glauben: ich versuche einfach, dem ganzen eine Schippe Humor abzugewinnen und es positiv zu sehen, anders könnte ich es nur schwer ertragen, denn niemals hätte ich mich freiwillig unters Messer gelegt, um irgendwas an mir rumschnippeln zu lassen. Und auch hier war es wieder so, dass ich mich überdurchschnittlich schnell erholt habe von der über 5-stündigen Operation. Ja ja, der liebe Sport und ein Körper, der es gewohnt ist, zügig zu regenerieren...

 

Bereits im September musste ich erneut unters Messer, weil in meiner Gebärmutter etwas wuchs, was da nicht hingehört. Zum Glück hat sich dieses Etwas als gutartiger Polyp entpuppt, aber gebibbert hab ich trotzdem bis der pathologische Befund da war.

 

LEBE DEIN LEBEN

 

Was ich auch noch gelernt habe in den letzten Monaten: Auf das zu hören und das zu machen, was mir mein Gefühl sagt!

 

Nach Diagnosestellung hab ich ALLES verschlungen, was die Krebsliteratur so zu bieten hat, wirklich alles, wollte für mich DEN ROTEN FADEN finden und habe versucht danach zu leben, mich so krebskorrekt wie möglich zu ernähren usw. Aber wisst ihr was? Das macht sowas von keinen Spaß und außerdem, wer bitte gibt einem denn die Garantie, dass der Scheiß nicht trotzdem zurückkommt? Und dann hätte ich mich vielleicht jahrelang kasteit? Nein, ganz bestimmt nicht!!!!!

Ich versuche ein goldenes Mittelmaß für mich zu finden, bedeutet: ausgewogene Ernährung, Sport in allen Facetten und so zu leben, wie ich mir das Leben vorstelle und nicht, wie es von mir erwartet wird.

Und da gehört der vor Fett triefende Schweinebraten genauso dazu, wie das ein oder andere Räuschchen. Das musste ich erstmal lernen. Mich frei machen von Konventionen, Dinge ansprechen, die mir nicht passen, "Nein" sagen.... eben das tun, was sich gut und richtig anfühlt. Ich hab plötzlich einen ganz anderen Zugang zu meinen Kindern, hab das Gefühl, dass ich ihnen noch näher bin; will ihnen mit auf den Weg geben, was MIR am Herzen liegt. Davor hab ich funktioniert, wie es sich für eine Mutter, Hausfrau und Ehefrau gehört. Mir ging es nicht schlecht damit, nie, nur jetzt ist es eben anders, fühlt sich soviel besser und richtiger an.

 

ECHTE FREUNDE

 

...und weil es unbedingt erwähnt werden sollte: ich habe einen unglaublichen Freundeskreis! Ich bin so dankbar und hatte nie das Gefühl, alleine zu sein. Die ganze Anteilnahme, die guten Wünsche und Gedanken sowie jede noch so kleine Aufmerksamkeit, haben um mich ein Kraftfeld entstehen lassen, das die Luft zum Knistern bringt! Egal was noch kommt, da ist immer jemand da!!!!

 

DIE ANGST

 

…wird wohl immer mein Begleiter bleiben; dieses Damoklesschwert, das permanent über einem schwebt. Meistens ist die Angst mein ungebetener Beifahrer, aber auch nicht mehr. Dann allerdings, wenn der Oberbauch zieht, die Wirbelsäule schmerzt, ich Kopfweh habe oder aus unerfindlichen Gründen einfach nur ein paar Gramm weniger wiege, ist sie mit vollem Karacho zurück. Was, wenn er wieder zurück ist? Ist es jetzt soweit? Wars das? Beginnt jetzt das Sterben?....usw…..

Die „kritischen“ ersten zwei Jahre sind zwar mittlerweile rum und ich hatte gehofft dann aufatmen zu können, aber irgendwie ist genau das Gegenteil der Fall. Um mich herum erkranken etliche Damen erneut; von Rezidiven in der Brust, Metastasen in diversen Organen, bis hin zu den letzten Tagen auf dem Sterbebett - ist alles dabei. Jedes Alter, jede Tumorhistologie, jede soziale Schicht. Damen mit exzellenten Prognosen! Und dann frage ich mich: bin ich die nächste?

 

Ja, immer wieder holt sie mich ein, die Angst. Mal mehr und zum Glück meist weniger!

 

Auf was mich keiner vorbereitet hat: Sich mit einem Körper auseinandersetzen zu müssen, der immer funktioniert hat, seelisch wie körperlich. Und der mittlerweile gezeichnet ist von etlichen Operationen, übersät von Narben, kaputt von der Chemo und von jetzt auf gleich in die Wechseljahre katapultiert wurde.

Wenn ich nicht mehr kann, kann ich nicht mehr. Früher, also vor dem Tag X, da ging immer noch ein bisschen mehr, heute ist das anders: Wenn die Geli müde ist und nicht mehr will, ist sie müde und will nicht mehr! Punkt!!!

 

MEINE ZUKUNFT

 

Wisst ihr, was ich nochmal angegangen bin? Ein Studium! Seit April 2018 bin ich offiziell immatrikuliert und studiere Fitness & Health Management via Fernstudium. Wenn alles gut geht und nach Plan läuft, habe ich in gut drei Jahren meinen Bachelor of Arts und könnte dann sogar noch den Master draufsetzen. Irre anstrengend, aber es macht so Spaß! Hatte ich zu Anfang meiner Diagnose doch noch ernsthaft überlegt, ob es sich für mich überhaupt noch rentiert neue Schuhe zu kaufen bevor ich ins Gras beiße, traue ich mich mittlerweile ein bisschen weiter in die Zukunft zu blicken!

Sport sorgt nämlich auch dafür, die Birne frei zu bekommen!!! Ich bin immer dann in ein psychisches Loch gefallen, wenn ich aus welchen Gründen auch immer, nicht sporteln konnte...

 

Abschließend noch ein paar Dinge, die ich für mich rausgefunden habe

 

  •  ANNEHMEN!!! Mit seinem Schicksal hadern oder die Frage nach dem Warum ändert überhaupt nichts an der Tatsache, dass es so ist, wie es jetzt nun mal ist. Das Leben geht weiter!!!
  • OFFENER UMGANG!!! Es ist für alle so viel einfacher, wenn die Dinge ausgesprochen und kommuniziert werden. Es hat nicht nur mir meine Ängste genommen, sondern auch meinem ganzen Umfeld. Jeder wusste, da darf drüber gesprochen werden, auch vor den Kindern, keine Heimlichtuerei, keine wilden Gerüchte! Sobald ich was neues wusste, hab ich's hinausposaunt! Hat mir gut getan und alle anderen wussten auch sofort Bescheid!
  • HILFE ANNEHMEN!!! Ist nicht einfach, tut aber gut und ich glaube fast, dass helfen für die Leute um einen rum enorm wichtig ist. So können sie auch irgendwie zur Genesung oder zum Wohlbefinden beitragen und fühlen sich der sowieso schon reichlich unangenehmen Situation nicht so ausgeliefert.
  • FREI MACHEN!!! Von Dingen, die einem nicht gut tun. Von Menschen, die einem nicht gut tun. Von Gewohnheiten, die einem nicht gut tun......ihr versteht schon?!
  • LEBEN!!! Wenn nicht jetzt, wann dann?!
  •  Und zu guter letzt: Ich will weder missionieren noch missioniert werden! Jeder hat sein Leben selbst in der Hand und sollte es so gestalten, dass es sich gut und richtig anfühlt. Punkt.

 

Ich für mich habe MEINEN WEG gefunden damit umzugehen und das wünsche ich euch auch aus tiefstem Herzen!

 

Angelika findet ihr hier auf Instagram


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