Ich bin nicht an Brustkrebs erkrankt. Ich kann nicht erzählen, wie es ist, mit Krebs leben zu müssen, nichts darüber, was es auszuhalten gilt. Und dennoch besteht meine Arbeit darin, Frauen über die Brustkrebsfrüherkennung zu informieren, im besonderen über das Mammographie-Screening-Programm. Ich berichte von den Chancen und Grenzen und spreche auch Aspekte an, die Frauen vielleicht nicht gern hören. Dazu zähle ich mich selbst.
Ich muss kundtun, dass es keine wirklich sinnvolle Früherkennung gibt für jüngere Frauen, uns weder der Ultraschall noch das Selbstabtasten schützen, es selbst mit der Mammographie ab 50 keine 100-prozentige Sicherheit gibt. Ich berichte darüber, dass eine früh erkannte Erkrankung zwar die Chancen auf eine weniger aggressive Behandlung erhöht. Kann aber nichts darüber sagen, wie sich eine Therapie wirklich anfühlt. Ich informiere darüber, dass viele Frauen heute auch aufgrund von verbesserter Behandlung überleben. Aber ich kann nicht aus eigener Erfahrung sagen, wie hoch der Preis ist, den einige von ihnen dafür bezahlen. Ich halte nicht hinter dem Berg mit der Info, dass noch zu viele Frauen ihr Leben lassen müssen. Doch wie ist es, wenn FRAU weiß, dass ihre Zeit begrenzt ist und sie so vieles loslassen muss?
Ich schreibe oft Sätze wie... von 1000 untersuchten Frauen wird bei 6 Frauen Brustkrebs diagnostiziert. Eine sachliche Information, wie sie Experten von mir erwarten... aber doch nur eine Zahl. Kein Name, kein Alter, keine Lebensgeschichte...
Nun sind sie da, die Geschichten, die Gesichter, die Frauen, die es getroffen hat. Ich habe zugehört, nie fällt es leicht. Junge Frauen, die neu über Kinderwunsch nachdenken, weil es ihnen durch den Brustkrebs aufgezwungen wird. Mütter, die nicht wissen, wie viel Leben ihnen mit ihren Kindern bleibt. Frauen, die von ihren Familien im Stich gelassen werden. Töchter, die wissen, dass sie das Brustkrebsgen geerbt haben können. Und, und, und...
Ich höre davon, wie Frauen ihre Haare verloren, ihre Brüste, ihre Kraft. Es bewegt mich, trifft mich, erinnert mich. Daran, dass auch ich weiß, was es bedeutet, mit Angst zu leben. Dass eine schwere chronische Erkrankung alles andere als ein Spaziergang ist, dass manchmal nur Minuten zwischen Bangen, Hoffen und Gewissheit liegen.
Dann wird alles schwer in mir, denn ich kann sie spüren, die Tage, die eben nicht zu den guten gehören. In denen einen das Leben in die Knie zwingt. An denen nur noch alles grau und schwarz erscheint.
Und genau in diesem Moment sehe ich ein paar strahlende Augen, sehe einen Menschen, der so viel Lebenswillen hat, der von innen heraus leuchtet, der kämpft und anderen Mut macht, in dem er von seiner Erkrankung erzählt, praktische Tipps gibt, aufbaut, mit einem fuckcancer auf den Lippen. Ich habe nun einige Frauen treffen dürfen, die genau das tun. Die auch einmal sagen, heute ist kein guter Tag, aber morgen fängt ein neuer an.
Was macht das mit mir? Mein Job ist nicht nur ein Job. Brustkrebs ist ein übles Geschwür, Früherkennung kann helfen, es von Anfang an in seine Schranken zu verweisen. Jede Frau mit ihrer Geschichte bestärkt mich darin, dass meine „Arbeit“ eine sehr sinnvolle ist. Was für ein Geschenk!!! Ich danke Euch Mädels, für die Offenheit, für das Vertrauen, Euer Innerstes nach Außen zu kehren, um anderen Mut und Zuversicht zu geben. Danke auch dafür, dass ich besser verstehe.
Ich werde weiter zuhören. Und meinen Beitrag dazu leisten, dass Ihr gehört werdet.
Gebt auf Euch acht!!!
Corinna
Die Mammo Mädels auf Instagram
Kommentar schreiben