Der Feind in mir

Brustkrebsmonat Oktober. Auf vielen Websites und Blogs und in Zeitschriften und Zeitungen ist das Thema Brustkrebs präsent: regelmäßig zum Arzt gehen, sich selbst abzutasten sind die Ratschläge, die durchaus wichtig sind.

Ohne mich selbst abgetastet zu haben würde ich diesen Beitrag wohl nicht mehr verfassen können.

Im Februar 2017 habe ich einen Knoten in der rechten Brust bemerkt. Das beunruhigte mich. Als ich in der linken Brust ebenfalls einen Knoten spürte, war ich erleichtert - das gehört so, dachte ich, das ist verdichtetes Gewebe. Die Erleichterung schlug schnell in Entsetzen um; ich hatte Brustkrebs. Beidseitig.

 

Ich bin gerettet worden. Ich lebe. Das verdanke ich einem Arzt, der mich kompetent und vor allem emphatisch durch die herausfordernde Zeit begleitet hat. Noch immer gehe ich zur Nachsorge in das Krankenhaus, in dem ich operiert wurde. Und zu Vorträgen, die dort zum Thema Brustkrebs gehalten werden. Ernährung, Mikronährstoffe in der Onkologie - wichtige Informationen aus einer mir sicheren Quelle. Denn googlen zum Thema Brustkrebs habe ich mir seit der Diagnose verboten. Zuviele widersprüchliche Informationen, Bilder, Prognosen, Ängste, dubiose Vorschläge zur Bekämpfung des Krebs unter Aussparung der Schulmedizin - das ist nichts für mich, da es so viele unterschiedliche Arten von Brustkrebs gibt und ich nicht einschätzen kann, was richtig und was falsch ist. Ich vertraue der Kompetenz meines Mammazentrums.

 

Und ich vertraue mir.

 

Mein erster Gedanke, nachdem klar war, dass es sich um Krebs handelt, war, dass ich nun nicht zum Mount Everest gereist bin. Und nicht in die Antarktis. Das hatte ich mir „für später“ vorgenommen. Nun mußte ich feststellen, dass es vielleicht kein „später“ gibt.

 

Eines war mir im Moment der Diagnose klar, wahrscheinlich so klar wie nie zuvor: ich will leben.

 

Was jedoch bedeutet „leben“? Für mich bedeutet es, viel zu erleben, die Welt zu sehen, mir meine Träume zu erfüllen, schönes mit meinen Freunden oder der Familie zu erleben. Die frische Morgenluft zu atmen. Das Glitzern der Sonne auf der Elbe zu bestaunen. Mit meiner Taiji-Gruppe im verwunschenen Garten gemeinsam die 19er-Form zu trainieren. Mit meinen Patenkindern Pokemon zu jagen.


„Leben“ bedeutet für mich nicht, mich zu verkriechen, ängstlich abwartend, ob der Feind zurückkommt.

 

Was kann ich tun, um mein Leben, wie ich es mir vorstelle, zu genießen?

Sehr viel kann ich dafür tun!

Regelmäßig zur Nachsorge gehen, meine Tabletten zu nehmen und mich selbst abzutasten, sind nur ein kleiner Teil, den ich natürlich einhalte.

Genauso wichtig ist, einem Rezidiv vorzubeugen, und zwar mit gesunder Ernährung und Bewegung.


Ich habe meine Ernährung seit der Diagnose umgestellt, denn über 30% der Krebserkrankungen sind das Resultat falscher Ernährung: vom Humangenetiker über die Ärzte im Krankenhaus bis hin zu den Ernährungsvorträgen in der Reha-Klinik wurde dazu geraten, auf rotes Fleisch zu verzichten, ab und an etwas Geflügel sei ok. Keine Wurstwaren, keine verarbeiteten Lebensmittel, nichts frittiertes, wenig Milch (die harmoniert nicht mit „meinem“ Krebs und dem Tamoxifen, das ich nehme), so wenig Weizenmehl und Zucker wie möglich.

Ich halte mich daran, und seit ich das tue, habe ich sogar das erste Mal seit Ewigkeiten tolle Cholesterinwerte, was meinen Hausarzt verblüfft hat.

Ich esse viel Obst und Gemüse und das meistens roh, da ich kein großer Koch bin.

Viele Nüsse, griechischer Joghurt mit Leinsamen, Haferflocken, Rosinen. Salate - mein Lieblingssalat ist ein persischer Salat mit viel frischer Minze und Petersilie - mit selbstgemachtem Dressing (Leinöl, Zitrone, Pfeffer, Senf, Honig). Getränke (meist Wasser oder Tee) ergänze ich um frische Zitrone und/oder Ingwer.

Alkohol trinke ich sehr selten und wenn dann mal ein Bier oder ein kleines Glas Wein; geraucht habe ich noch nie in meinem Leben. Dunkle Schokolade (ab 73%) ist gesund, ab und an gönne ich mir ein Eis mit Sahne oder ein Stück Kuchen.

 

Seit der Reha, wo es jeden Tag vielfältige sportliche Aktivitäten gab, habe ich mein Sportprogramm ausgebaut. Die WHO rät zu 150 Minuten Sport in der Woche.

 

Ich mache fünf- bis sechsmal die Woche Sport - nach der Arbeit. Dazu gehören Taiji, Meditation (samt 30 Minuten Stretching vorab), Fitnessraum, Herzsport und Schwimmen. Es ist ein vielseitiges Programm, was mir Spaß bringt und nicht langweilig wird.

 

Soviel Zeit hätte ich nicht, höre ich häufig. Doch. Wir alle haben Zeit, und zwar 24 Stunden täglich. Es geht um Prioritätensetzung. Ich sitze sehr selten auf dem Sofa oder gucke fern. Ich übertreibe, sagen die Kollegen, mit denen ich keine Burger essen gehe. Ich weiß, wofür ich das tue, antworte ich.

 

Ich weiß, daß ich auch trotz meines „Programms“ wieder erkranken kann. Aber das wäre dann Schicksal. Wichtig ist, dass ich mir dann sagen kann, daß ich alles dafür getan habe, um gesund zu bleiben. Und mir dann nicht mit einem „hätte ich bloß….“ ins Gesicht schauen muß.

 

Ich bin der Meinung, dass diese Maßnahmen nicht nur für Krebspatienten wichtig sind, sondern auch für die Frauen, die gesund sind - Vorbeugen heißt nicht nur sich Abtasten und regelmäßig zum Arzt zu gehen - denn wenn etwas gefunden wird, ist es vielleicht zu spät. Besser ist es, es gar nicht erst soweit kommen zu lassen. Und da haben wir mehr Einfluß darauf, als wir denken.

 

Übrigens: seit ich wieder gesund bin (auch wenn ich noch nicht als geheilt gelte), bin ich in in die Antarktis gereist. Und ich stand glücklich im Basecamp auf 5200 Metern Höhe vorm Mount Everest.

 

Life is now.

 

Der Feind in mir


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