Wenn der 50. Geburtstag naht und Frau sich so ihre Gedanken macht

Foto: Brustkrebszentrale - Durch die Brust ins Herz / Styling: Hanaa Topcu
Foto: Brustkrebszentrale - Durch die Brust ins Herz / Styling: Hanaa Topcu

Wenn ich im kommenden Frühjahr meinen 50. Geburtstag feiern werde, dann wird dieser Tag eine sehr besondere Bedeutung für mich haben. Vielleicht eine größere, als für viele andere in meinem Alter, die in ihrem bisherigen Leben nicht mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert wurden.

 

Als ich 2010 mit 41 Jahren die Diagnose Brustkrebs erhielt, war das bisschen Lebensplanung und meine Wünsche, die ich an das Leben hatte, mit einem Schlag zerdeppert. Diese standen durch die Lebenssituation mit Justin, ohnehin selten auf dem sicheren Fundament, wie ich es mir gewünscht hätte.

 

2010 und noch lange Zeit danach, stand mein weiteres Überleben nicht zum ersten Mal in meinem Leben in Frage. Schaffe ich es, schaffe ich es nicht? Das konnte mir keiner sagen. Mein 50. Geburtstag schien mit der Diagnose Brustkrebs eine unerreichbare Zielgerade geworden zu sein. Dieser Tag war kein großes Thema mehr für mich, weil er ohnehin scheinbar unerreichbar fern lag. Denn immer wenn sich in der ersten Zeit nach Krebs Zukunftsgedanken über die kommenden Jahre einstellten, schlug Panik in großen Wellen über mir zusammen: Weil, lebe ich denn überhaupt noch, während ich versuche, unsere Zukunft zu planen? Also klammerte ich ein großes nach vorne schauen in meinem Leben möglichst aus und versuchte das Beste und Nötigste für gerade eben jetzt auf die Beine zu stellen und manövrierte uns dabei vorsichtig in vermeintliche Sicherheitszonen.

 

Jede unauffällige Kontrolle der folgenden Jahre, stellten ein Sieg über den Krebs dar. Schenkten mir ein Stück Mut und Zuversicht für meinen weiteren Weg. Immer wenn es in den Folgejahren jedoch hieß: Wir müssen diesen unklaren Befund abklären - ein Schlag ins Innerste!

 

Das Leben als alleinerziehende Mutter Justins, hat mich bereits auf eine harte Tour gelehrt, dieses Schritt für Schritt anzugehen und wenig große Pläne zu schmieden. Ich kann ohnehin immer nur so weit gehen, wie es mir mit Justin und seinen Lebensumständen möglich ist. Das ist an manchen Stellen weit mehr, als ich vor vielen Jahren zu hoffen wagte und an anderen Stellen verdammt wenig. An meine eventuelle Rente, wage ich zum Beispiel gar nicht zu denken. Zu bitter sind die Aussichten. Also hol ich meist tief Luft und schiebe diese tönerne Zukunft und alle aufkommenden Panikgedanken weit weg, weil ich sie unter Umständen ohnehin nicht erleben werde. Shit happens eben. Oma werde ich in diesem Leben ja auch nicht...

 

Es gibt Menschen, für die die Vergangenheit eine Lebensdimension darstellt. Die einzige sogar. Ich bin mir bewusst, dass ich mittlerweile mehr Vergangenheit gelebt habe, als ich an Zukunft noch vor mir habe. Meine Vergangenheit hat mich geprägt und zu dem Menschen geformt, der ich bin. Manches hätte ich gerne nie erlebt. Manchen Menschen wäre ich gerne nie begegnet. Manche Lehre des Lebens, würde ich als hochsensibler Mensch gerne leichter nehmen. Wenn ich nach innen fühle, bin ich noch immer jung und kann kaum verstehen, wo die letzten Jahre geblieben sind. Es fühlt sich noch immer so nah an, Justin als Baby und Kleinkind in meinen Armen gehalten zu haben.

 

Wenn ich hingegen meinen durch die Behandlung veränderten Körper fühle und in Kleidung versuche ansprechend zu verpacken, könnte ich manches Mal fluchen und heulen. Und lache doch im nächsten Moment über mich, mal mehr oder weniger frustriert. Ich hab keine Ahnung, wann ich das letzte Mal so richtig guten Sex in meinem Leben hatte. Das ist jetzt so RICHTIG lange her. Mittlerweile weiß ich noch nicht mal mehr wie schön es war, so wirklich RICHTIG glücklich verliebt gewesen zu sein. So mit rosa Blick auf das Leben. Schmetterlingen im Bauch. Das ganze Leben nochmal so richtig neu als Paar erleben zu dürfen. Sich in den Augen eines Partners zu spiegeln und in seiner Liebe ohne Wenn und Aber hüllen zu dürfen. Gefühlt schaut mich mittlerweile eh kein Mann mehr an. Das war früher anders. Ich glaube, befürchte, denke, mittlerweile habe ich ohnehin mit dem Thema Mann abgeschlossen. Das Thema Mann war ohnehin kein glückliches Kapitel in meinem Leben. Anders wäre sicher schöner und erfüllender gewesen. Wobei mein Leben alles andere als nicht erfüllt ist...

 

Wenn alles gut geht, erlebe ich im Frühjahr gesund meinen 50. Es wird kein großes Fest geben! Stattdessen werde ich mir zusammen mit einer herzallerliebsten Freundin einen riesengroßen Kindheitswunsch erfüllen: Wir werden anlässlich meines Geburtstags Florenz besuchen und auf unseren Polyneurophatie geplagten Füßen die Stadt durchstreifen. Statt high heels, bevorzugen wir dann Sneakers. Wir werden Florenz schmecken, fühlen, sehen und unser Leben feiern! Ich freu mich SOOOOO unfassbar sehr auf diese besondere Stadt, an der Seite dieser wunderbaren Lebensfreundin, dass glaubt ihr nicht...

 

Ich freu mich auf meinen neuen Lebensabschnitt. Auf alles kommende. Ein bisserle mehr Leichtigkeit wäre schön. Und wenn nur für einige wenige Jahre. Ein bisserle ein stärkeres Sicherheitsnetz und wenn es nur ein geflicktes ist. Gesundheit. Kraft, Mut und Stärke. Weiterhin Mama sein zu dürfen, um Justins Zuhause zu sichern. Ich wünsche mir Reisen. Ein Wellness-Wochenende (... ein solches Luxuswochenende, hab ich noch nie erlebt! Wird ja mal Zeit, ne?) Schmetterlinge. Freunde. Wertvolle Momente. Liebe. Gelassenheit, wenn ich schweres nicht ändern kann. Ganz viel Justin Lachen und strahlende, weil glückliche Augen von ihm und meinen Herzmenschen um mich. Das wünsche ich mir und noch ein bisserle mehr, wenn es das denn sein darf...



Zum Abschluss des Brustkrebsmonats ein Interview über mich für das Portal: Wertvolle Momente. Viel Spass beim Lesen...


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