Heike

Die Prinzessin möchte, dass ich etwas schreibe. Etwas was Mut macht, Hoffnung bringt – oder vielleicht einfach nur Wissen weitergibt. Ich werde es versuchen.

 

Ich komme aus einer Familie, in der der Krebs immer eine große Rolle gespielt hat. Wir sterben an Krebs, so ist das nun einmal – außer jemand verunglückt, so wie mein Onkel Siegfried. Der wurde von einem Stein erschlagen, als er 50 war. Unsere Geschichte scheint traurig, eine andere mögliche Sichtweise ist, dass wir eine verdammt gesunde Familie sind. Keine Herz-Kreislauf-Geschichten, keine anderen fatalen Krankheiten. Nur Krebs.

 

Als ich selbst 2015 mit 48 Jahren erkrankte, war ich vorgewarnt. Das hat mir vermutlich das Leben gerettet.

 

Vielleicht gerade weil so viel Krebs-Wissen in unserer Familie vorhanden ist, bin ich eher selbstbewusst mit meiner Erkrankung umgegangen: ich habe mir eine Klinik gesucht, die nicht in der Nähe aber dafür ein Wohlfühlort war; ich habe mit weiteren Therapien gewartet, bis ich Sicherheit über meine Gene hatte; ich habe ein Medikament abgesetzt, das mich massiv beeinträchtigte ‑ und im Nachgang dazu den Segen von meiner Ärztin erhalten. Aber am wichtigsten erscheint mir heute wie eindeutig mein Körper abgelehnt hat, mehr als nur das Nötigste an Chirurgie zu akzeptieren. Darauf bin ich heute noch stolz.

 

Ich kann verstehen, warum Frauen nach einer Mastektomie entscheiden, wieder Brüste zu haben. Und das sage ich nicht, um höflich zu ein. Ich kann es wirklich verstehen. Aber was ich nicht verstehe, ist die Breitschaft, einen so hohen Preis zu bezahlen: zahlreiche Operationen zu bestehen, Schmerzen und Einschränkungen zu erdulden – und das ohne sicher sein zu können, dass das Ergebnis am Ende wirklich befriedigend ist. Sozusagen die Katze im Sack.

 

Was ist es, das Frauen glauben lässt, ohne Brüste nicht wieder glücklich werden zu können oder vollständig zu sein? Warum reicht es ihnen nicht, möglichst schnell und (vermutlich) komplikationslos zu heilen – und sich dann daran zu machen, ihr neues Selbst zu erkunden? Machen wir uns nichts vor: WIR SIND ANDERE nach unserer Krebserfahrung. Warum müssen wir trotzdem noch aussehen wie vorher? Dieses Motiv verstehe ich tatsächlich nicht. Es betrifft jedoch weniger die einzelne Frau, sondern ist vielmehr eine übergeordnete, weil gesellschaftliche Frage.

 

Zurück zur Mutmach-Geschichte: Ich habe auf weitere Maßnahmen verzichtet und bin heute flach. Meine Narben haben sich nach einigem Hallo wunderbar eingefunden und mein Körper erinnert sich nicht mehr an ein Vorher. Alles funktioniert, alles reagiert. Es ist gut so, wie es ist.


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Dennoch ist meine Brustlosigkeit meine Sache. Ich will weder demonstrieren noch brüskieren – und bestimmt nicht erziehen. Ich will einfach das machen, was ich möchte. Und weil ich gerne schwimme und unbehelligt in der Sonne liegen möchte, mache ich jetzt Bademode für Brustlose. Als Selbsthilfemaßnahme sozusagen und als Angebot für die Frauen, die ähnlich wie ich auf Brüste verzichten – weil wir nun einmal brustlos sind. Das ist die Realität.

 

Danke fürs Lesen und ich freue mich über euer Feedback!
Heike 


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Kommentare: 1
  • #1

    Monika (Samstag, 24 August 2024 22:40)

    Liebe Heike,
    schön daß du über deinen Weg schreibst, leider wird Dieser einem von den Ärzten sehr schwer gemacht. Selbst bei Ärztinnen bin ich auf absolutes Unverständnis gestoßen und musste um die beidseitige Mastektomie ohne Aufbau kämpfen. Als ich die Chemo nach Lesen der Studienlage ablehnte ( bin 67, Triple negativ, 2 chronische sehr einschränkende Vorerkrankungen), wurde ich angeschrien, Bestrahlung war für mich ein akzeptabler Kompromiss und ich bin mit meiner Therapiewahl im Reinen. Was nützt mir eine Therapie, wenn es mir durch die Langzeitnebenwirkungen nur noch schlechter geht. Ich wünschte, daß die „gesunden „ Onkologen/Onkologinnen und Mitarbeiter in der Seneologie würden einen als Menschen sehen und nicht nur als Krankheit.
    Bleib so wie du bist und genieße dein Leben, alles Liebe
    Monika

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