FOP - Eine Familie auf der Suche nach einer Diagnose für ihr Kind

Als unser Sohn 2018 auf die Welt kam, war er scheinbar gesund. Seiner Malformation der Großzehen (ähnlich eines Hallux valgus) legten die Ärzte keine große Bedeutung bei, auch wenn sie diese noch nie bei einem Neugeborenen gesehen hatten.

Mit drei Wochen begann unsere Suche nach einer Diagnose, denn unser Sohn hatte eine Beule am Hinterkopf entwickelt, für die wir keine Erklärung hatten. 
In der ersten Klinik wurde nach einem Ultraschall und einem MRT ein Schädelbruch vermutet, der aber weder bestätigt noch ausgeschlossen werden konnte, da die Schädelknochen bei Säuglingen noch nicht zusammen gewachsen sind und es an der Stelle schwer zu beurteilen war.
Unser Sohn war bis auf die Beule den gesamten Aufenthalt unauffällig. Da die Ärzte aber keine Ursache für das nun diagnostizierte Galeahämaton hatten, mussten wir einer Begleitung durch das Jugendamt zustimmen. Das Jugendamt besuchte uns daraufhin vier Monate lang 2x die Woche. Diese Zeit war für uns als Familie eine riesige Belastung. Die indirekten Vorwürfe wiegten sehr schwer und dennoch wussten wir innerlich auch, dass es eine andere Ursache für die Beule geben musste.
In der Zeit wurde die Beule nicht kleiner, sie wanderte und teilte sich auf drei Stellen auf. Im fünften Lebensmonat unseres Sohnes, landeten wir durch Eigeninitiative in einer Klinik für Kinderneurochirugie, die einen gutartigen Tumor vermuteten. Bei der Biopsie kam dann die Diagnose Myofibrom heraus. Ein gutartiger, sehr seltener Bindegewebstumor. Es wurde eine komplette Entfernung empfohlen. Dieser stimmten wir zu. Es wurde zudem auch eine genetische Untersuchung auf das Gardner Syndrom durchgeführt. Diese war allerdings negativ. Nach der Operation, habe ich die Wunden über drei Monate selbst versorgt.
Unser Sohn entwickelte sich in den folgenden Monaten prächtig und zeitgemäß. Wir mussten alle 3-4 Monate zu einer MRT Kontrolle. Diese war immer unauffällig. Bei einem Humangenetiker holten wir eine Zweitmeinung ein. Zu dem Zeitpunkt konnte nichts festgestellt werden. Wir sollten uns melden, wenn nochmal Auffälligkeiten auftreten.
Zwei Jahre nach der ersten Operation, traten nach mehreren Stürzen Schwellungen auf der Stirn auf. Es wurde erneut ein Myofibrom vermutet. Wir ließen auch dieses nach einem MRT entfernen, verlangten allerdings eine erneute Untersuchung direkt in der Humangenetik, wo wir zur Zweitmeinung waren. Insgesamt waren wir in sechs Klinken in Deutschland, keine konnte uns im Hinblick auf eine richtige Diagnose weiterhelfen. Unser Sohn wurde insgesamt drei Mal operiert, hatte etliche MRT's in Vollnarkose und zahlreiche stationäre Krankenhausaufenthalte. 

Erst die zweite genetische Untersuchung brachte dann im September 2020 die Diagnose:
  • FOP (Fibrodysplasia ossificans progressiva)
FOP ist eine sehr seltene genetische Knochenerkrankung. Sie kommt mit einer Inzidenz von 1: ca. 2 Millionen weltweit nur sehr selten vor. Muskeln, Sehnen und Bänder können durch Schübe, aber auch durch Verletzungen, zu Knochen umgewandelt werden. Das führt im Laufe des Lebens zu immer mehr Verknöcherungen und somit zu Einschränkungen des Bewegungsapparates. Der FOP-Patient versteinert langsam.

Es gibt derzeit keine Therapie. Man kann das Leben nur der Erkrankung anpassen und versuchen, eine gute Mischung zwischen Vermeidung von Verletzungen und Kindheit genießen, zu erreichen.

Die Malformation der Großzehen (ähnlich eines Hallux valgus) ist bei FOP immer das Symptom, dass von Geburt an vorhanden ist. Wir machen den Ärzten keinen Vorwurf, dass sie es nicht wussten. Wir möchten dennoch zur Aufklärung beitragen, damit andere Familien die Diagnose frühzeitig bekommen und so zum Beispiel unnötige Operationen vermieden werden können. Operationen, i.m. Injektionen wie zb. Impfungen, aber auch Physiotherapie sind kontraindiziert, weil diese Maßnahmen einen Schub auslösen könnten. Unser Sohn hatte großes Glück, dass er durch die bisherigen Eingriffe keine auslösenden Schübe erlitt.

Vom Tag der Diagnose an veränderte sich unser Leben schlagartig. Wir versuchen seitdem einen guten Mittelweg zu finden, unseren Sohn Kind sein zu lassen und ihn so gut es geht vor Stürzen und Verletzungen zu behüten. Mit einem kleinen Wirbelwind ist das jeden Tag eine große Aufgabe. Wir haben es als unsere Lebensaufgabe angenommen und fragen uns nicht: Warum gerade wir?

 

Wir nehmen das Schicksal an und werden alles mögliche dafür tun, damit unser Sohn eine unvergessliche Kindheit erlebt.


Ihr habt Interesse an weiterführenden Informationen über FOP? Dann schaut doch mal bei unten aufgeführten Links vorbei:


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