Krankengeld und Erwerbsminderung bei Krebserkrankungen - Was gilt es zu beachten und wo findet man Unterstützung?

Die Diagnose einer Krebserkrankung ist ein einschneidendes Erlebnis im Leben der betroffenen Menschen. Sie stellt das bisherige Leben auf den Kopf und nicht selten stellen sich existentielle Ängste und Sorgen ein.

 

Neben der Erkrankung und der damit verbundenen oft aufwändigen Therapie stellt sich bei vielen Betroffenen die Frage, nach der finanziellen Versorgung. Insbesondere, wenn die Menschen berufstätig sind, bestehen viele Unsicherheiten. Viele Formalitäten sind zu erledigen, wie z.B. der Bezug von Krankengeld.

 

Laut Gesetz haben Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse einen Anspruch auf Krankengeld über höchstens 78 Wochen. Siehe SGB Sozialgesetzbuch, Abruf am 20.3.2024.

 

Diese Zeit setzt sich zusammen aus:

  • 6 Wochen Lohnfortzahlung zu 100% des Lohnes
  • und ab der Woche 7 werden bis zu 70% des Bruttolohnes, bzw., bis zu 90% des Nettolohnes gezahlt,

je nachdem, welche Berechnung günstiger ausfällt. Das Krankengeld wird pro Tag berechnet. Außerdem ist das Krankengeld auf maximal 120,75€ pro Tag begrenzt. Siehe Die Techniker Krankenkasse; Abruf am 20.03.2024.

 

Bei dem Bezug von Krankengeld durch die Krankenkasse entsteht somit eine finanzielle Einbuße, die für viele Betroffene eine deutliche Belastung darstellt. Viele Menschen verfügen über keine private Zusatzversicherung, welche diese Einkommensverluste ausgleichen könnten; und auch wenn Zusatzversicherungen bestehen, gleichen sie oft nicht den gesamten Verlust aus.

 

Der Bezug von Krankengeld ist vom Gesetzgeber auf 78 Wochen begrenzt, was für manche Betroffenen aufgrund der Dauer der Therapie nicht ausreichend ist. Am Ende der genannten 78 Wochen bei anhaltender Arbeitsunfähigkeit kann Arbeitslosengeld oder eine Erwerbsminderungsrente beantragt werden.

 

Wichtig und unbedingt zu beachten!

 

In den letzten Jahren gehen immer mehr Krankenkassen dazu über, Menschen mit einer onkologischen Erkrankung deutlich vor dem Ablauf der 78 Wochen (teilweise noch während der Lohnfortzahlung des Arbeitgebers) aufzufordern, einen Antrag auf eine Rehabilitationsmaßnahme zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit auszufüllen. Das darf sie laut §51 SGB V, wenn davon auszugehen ist, dass die Erwerbsfähigkeit deutlich gemindert ist. Dem Versicherten bleiben 10 Wochen Zeit, den Antrag zu beantworten. Wenn keine Reaktion seitens der Betroffenen erfolgt, hat die Krankenkasse das Recht, die Zahlung des Krankengelds einzustellen. Gleichzeitig entfällt dann auch der Krankenversicherungsschutz- es ist also unbedingt erforderlich, der Aufforderung der Krankenkasse nach §51SGB V nachzukommen.

 

Mit diesem Verfahren prüft die Krankenkasse, ob bei der vorliegenden Erkrankung eine Aussicht besteht, dass die Betroffenen wieder in das Berufsleben zurückkehren können. Ist eine Rückkehr in die Berufstätigkeit nicht möglich, wird diese die Verantwortung an die Rentenversicherung abgeben. In diesem Fall würde sich der Antrag nach §51 SGB V automatisch umwandeln in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente.

 

Leider ist es so, dass dieser Schritt einen weiteren, drastischen Einkommensverlust darstellt. Im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Höhe der Erwerbsminderungsrenten in Deutschland bei 927,- €. Siehe im pdf Sozialpolitik Aktuell; Abruf am 20.3.2024.

 

Was kann man tun, um die Situation für betroffene Menschen und ihre Familien zu verbessern?

  • Die Krankenkasse hat  laut dem §13-15 SGB I die Verpflichtung, ihre Versicherten umfassend zu beraten - gleichzeitig muss sie Akteneinsicht gewähren.
  • Gemeinsam mit den behandelnden Therapeuten kann ein individueller Plan entworfen werden, der eine Rückkehr in den Beruf wieder vorsieht. Hier wird eine Art Zeitplan erstellt, der für die Therapie und Rekonvaleszenz notwendig ist und der Krankenkasse vorgelegt wird. Ist eine Rückkehr in den Beruf aufgrund der Erkrankung nicht möglich, ist eine umfassende Sozialberatung notwendig.
  • Sozialdienste z.B. im Krankenhaus informieren Patientinnen, Patienten und ihre Familien bei sozialen und finanziellen Fragen.
  • Selbsthilfegruppen zu verschiedenen onkologischen Erkrankungen sind mittlerweile eine große Hilfe und Unterstützung für Betroffene und ihre Familien. Hier werden wichtige Informationen zu Therapien und sozialen Themen ausgetauscht. Der Austausch von Erfahrungen und Informationen und die gegenseitige Unterstützung sind für viele Betroffene eine große Hilfe. Eine Übersicht findet ihr zum Beispiel über den Krebsinformationsdienst oder die Niedersächische Krebsgesellschaft e.V. und die Krebshilfe.
  • Anwälte für Sozialrecht können bei der Durchsetzung von Patientenrechten in strittigen Angelegenheiten eine sehr wertvolle Unterstützung sein.
  • Die Arbeitsagentur für Arbeit und die Rentenversicherung sind wichtige Beratungsstellen, insbesondere zu Fragen zur beruflichen Rehabilitation und Erwerbsminderung. Hier sollten bereits so früh wie möglich Termine vereinbart werden, um z.B. die individuelle Höhe einer Erwerbsminderungsrente zu berechnen.
  • Manche Regionen verfügen über eine umfassende, ganzheitliche Betreuung für Erkrankte und ihren Familien in dieser besonderen Situation. Ein Beispiel sind die Onkolotsen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Eine Übersicht zu weiteren Regionen, in der diese Unterstützung angeboten wird, findet sich über die Seite der Onkolotsen.
  • Verschiedene Stiftungen und Hilfsfonds für Menschen mit Krebserkrankungen bieten finanzielle Unterstützung und andere Hilfen für Krebspatientinnen und -patienten an:

Insgesamt muss man leider sagen, dass eine onkologische Erkrankung eine riesengroße Herausforderung für Betroffene und ihre Familien darstellt. Zusätzlich zum Schock der Diagnose, der oft aufreibenden Therapie mit all ihren Herausforderungen, stellen sich in vielen Fällen auch finanzielle Sorgen ein. Hier ist zu raten, sich möglichst frühzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen, sich umfassend beraten zu lassen und sich Unterstützung zu suchen. Je früher Betroffene sich ein Bild verschaffen was auf sie zukommen kann, desto weniger Ungewissheit und Angst besteht und man kann sich vollkommen auf die Therapie konzentrieren, wenn wichtige existenziellen Fragen geklärt sind.


Tatjana Schlösser, Gesundheitsökonomin, war so freundlich und hat euch eine Übersicht zum Thema Krankengeld und Erwerbsminderung bei Krebserkrankungen zur leichteren Orientierung zur Verfügung gestellt.

 


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